Lyrischer Exkurs über die Grillen einer Grashüpferin
Anneliese Grille
liebte die Stille.
Das Zirpen ihrer Artgenossen
machte sie total verdrossen.
Wenn diese ihre Beine rieben,
fast so als sollten Funken stieben,
so war das – nach ihrem Belieben –
zi-zi-zi-ziemlich übertrieben.
Im Sommer sah man Anneliese
niemals auf einer grünen Wiese.
Tunlichst mied sie ihresgleichen,
übte Yoga unter Eichen,
und wenn sie einsam meditierte,
dann kam es vor, dass sie sinnierte:
„Warum nur ward ich eine Grille,
War das wirklich Gottes Wille?“
Doch bald darauf im nächsten Jahr,
bei einem Freiluft-Seminar,
traf sie die Grille Ottokar,
verfiel ihm gleich mit Haut und Haar!
Er war sehr still – wie wunderbar! –,
da sein hint’res Beinepaar
mit einem Gips umwickelt war.
Ihr denkt wohl jetzt war alles klar –
und ahnt noch nicht, was dann geschah:
Nach zi-zi-zirka sieben Wochen
ward die Beziehung abgebrochen.
Die Beine uns’res Grillenmanns
waren dann nämlich wieder ganz
und er fing zu zirpen an –
was man ihm nicht verübeln kann.
Da nahm Anneliese Grille
(sie sehnte sich so sehr nach Stille!)
ihre Beine in die Hand
und verschwand …